Macht es noch Sinn, Rechtsmittel einzulegen?
Solch einen Fall hatte ich vor kurzem.
Drei Arbeitstage vor Weihnachten suchte mich Herr Lehmann* in der Kanzlei auf und teilte mir mit, dass er für seinen Gewerbebetrieb ein Zwangsgeld zahlen müsse, wenn er diesen nicht sofort einstellen würde. Sofort hieß in diesem Fall tatsächlich taggenau.
Den Bescheid habe ich mir angeschaut und festgestellt, dass der eigentliche Bescheid zur Aberkennung des Gewerberechts bereits im September ergangen war, ohne dass Widerspruch eingelegt worden war. Die Frist war also längst abgelaufen.
Ich habe Herrn Lehmann gesagt, dass ich da nun wirklich nichts mehr für ihn tun kann. Das einzige was ich versuchen konnte, war durch Rechtsmittel, welche von vorn herein wenig bis gar keine Aussicht auf Erfolg hatten, Zeit zu gewinnen.
Das ist uns auch gelungen. Herr Lehmann konnte zumindest sein Weihnachtsgeschäft zu Ende bringen, musste dann im Januar aber sein Gewerbe abmelden.
Warum musste Herr Lehmann das Gewerbe abmelden?
In der Gewerbeordnung steht, dass ein Gewerbe nur ausüben darf, wer zuverlässig ist. Dies war Herr Lehmann nach Behördenauffassung nicht mehr, da er (zutreffend) Umsatzsteuerschulden im fünfstelligen Bereich angehäuft hatte.
Hätte das verhindert werden können?
Das ist natürlich im Nachhinein schwierig zu beurteilen. Die Steuerschulden waren ja trotzdem noch da. Auf jeden Fall hätte Herr Lehmann aber sofort mit Eingang des ersten Bescheides zu mir kommen sollen. Dann hätten wir den Fall prüfen und zunächst einmal innerhalb der Frist Widerspruch einlegen können. Während des Verfahrens hätte man einen Zahlungsplan mit dem Finanzamt aufstellen und ratenweise abarbeiten können. Damit kann beim Gewerbeamt belegt werden, dass jedenfalls künftig Zuverlässigkeit gegeben ist.
Dennoch zeigt der Fall, dass es manchmal durchaus noch Sinn macht, strategisch Rechtsmittel einzulegen, um beispielsweise Zeit zu gewinnen. Das muss aber natürlich im Einzelfall entschieden werden.
Gern berate ich Sie.
Ihr Rechtsanwalt Andreas Hahnewald, Fachanwalt für Verwaltungsrecht
*der Name ist natürlich geändert.
(Foto: Pixabay)